Introductory words
In Argentinien gibt es einen weit verbreiteten Glauben, dass
Artur Rubinstein angeblich vor Jahrzehnten einmal im Rahmen einer
Konferenz in Buenos Aires gesagt habe: Carlos Guastavino war Argentiniens
Schubert. Und das wird natürlich als Aussage, dass Argentiniens
bester Liederkomponist „in jeder Hinsicht genauso gut wie Schubert
ist“, interpretiert.
Wie viel ich im Laufe meiner Karriere auch diesbezüglich nachgeforscht
habe, konnte ich nie bestätigen, ob Rubinstein diese Worte auch
tatsächlich sagte. Nichtsdestotrotz, als ich vor vielen Jahren erstmals
in Wien ein Konzert mit Liedern von Guastavino sang, habe ich mit
Absicht die Rubinstein zugeschriebenen Lobesworte über diesen Komponisten
erwähnt, natürlich mit einem kleinen Augenzwinkern…
Da war ich also, auf der Bühne des Wiener Konzerthauses, und
erklärte dem Publikum, dass „Schubert Österreichs Guastavino war“...
Stellen Sie sich die Gesichter vor!
Aber es ging mir natürlich nicht darum, die Sensibilität der
Österreicher oder jemandes anderen zu beleidigen. Noch viel weniger
wollte ich gegenüber Schubert – den ich wie jeder Musiker, der etwas
auf sich hält, verehre – respektlos sein. Ich wollte die Neugier
des Publikums erwecken, wirklich ihre Aufmerksamkeit auf die Musik,
die wir nun spielen würden, lenken. Gleichzeitig stellte ich mich
aber so auch der Herausforderung, durch mein umgedrehtes Zitat selbst
aktiv die Wahrheit herauszufinden.
In „LIEDER MEINER HEIMAT“ geht es um diese Lieder: sie sind intellektuell
raffiniert, einmal süss, einmal rau, traurig oder humorvoll, manchmal
melancholisch, aber immer berührend. Ich will sie auf so vielen
Bühnen dieser Welt wie möglich vorstellen, wobei dieses Konzertformat
recht gut in unsere Zeit passt, jetzt, wo Live- Musik so dringend
benötigt wird, uns aber andererseits die durch die Pandemie ausgelösten
Zwänge die mögliche Anzahl von Menschen auf der Bühne einschränkt.
Dann lasst es uns angehen! Wir kommen ausgestattet mit Guastavinos
Liedern, aber auch mit solchen von Hilda Herrera, María Elena Walsh,
Alberto Ginastera und Carlos Lopez Buchardo und auch von mir selbst.
Unterstützt sind wir dabei von den jungen Talenten Katalin Csillagh
am Klavier und Barbora Kubíková auf der Gitarre.
So tragen wir einen kleinen Tropfen an Zuversicht zu dem Trog,
der jetzt so dringend aufgefüllt und somit wiederbelebt werden muss:
der Hoffnung!
José Cura